5 Tage, 50 Grad und 500 Kilometer
Erstaunlich gelassener Grenzuebertritt. Unsere muehsam zusammengesammelten Registrierungen werden keines Blickes gewuerdigt. Der Wind ist seit Buchara endlich mal auf unserer Seite und so legen wir gleich am ersten Turkmenistan-Tag einen neuen Rekordspurt von knapp 200 Kilometern hin. Das ist doch mal ein guter Start fuer die Schnell-Querung des Gaslandes. Fuenf Tage haben wir Zeit dafuer…
Bei unserem ersten Stopp, in Turkmenabat, erhalten wir frischgebackenen Apfelkuchen von einer aelteren Dame… Das Wasser, welches wir am Kiosk kaufen, wird von unbekannten Passanten bezahlt und in der benachbarten Motorenwerkstatt werden wir zum Abkuehlen und Duschen eingeladen. Auch eine Einladung zur Uebernachtung bleibt nicht aus… Doch die Uhr tickt…
Weiter rauschen wir durch die gluehende Wueste. Es gibt wenig, was uns ablenken koennte: Hin und wieder ein Truck auf der Fahrt in den Iran oder die Tuerkei. Ab und zu spielen ein paar Windhosen Fangen. Ansonsten bleibt uns nur die Flucht in eigentuemlich real erscheinende Tagtraeume.
Spaetestens aller 60km erwartet uns ein Truckstopp – unsere Oasen der Glueckseligkeit. Eine Klimaanlage kuehlt die Raeume auf 34 Grad herunter, was uns froesteln laesst. Gutes Essen, meist Nudeln und Fleisch, oder gefuellte Paprika, wenn man das Glueck hat, auf die Nachkommen russischer Siedler zu treffen, stehen auf unserem Speiseplan.
Tagsueber laufen rund 10 Liter Fluessigkeit die staendig ausgetrockneten Kehlen hinab, pisswarmes Wasser zumeist, aber, dank der tuerkischen und iranischen Trucker und ihrer in die LKWs eingebauten Kuehlschraenke, auch eisgekuehltes – wie Wasserbomben fliegen dann die Flaschen aus den Fenstern vorbeirasender Trucks. Oder sie halten an und versuchen uns zum Mitfahren zu ueberreden…
Das Uebernachten gestaltet sich wunderbar unkompliziert. Kurz vorm Dunkelwerden halten wir einfach an einer der wenigen Behausungen und fragen nach…
Die erste Nacht verbringen wir in einer Unterkunft fuer Gasarbeiter. Rund 20 Maenner arbeiten 5 Tage, von frueh 5 Uhr bis zum Mittag und vom spaeten Nachmittag bis zum Sonnenuntergang bei Temperaturen bis zu 60 Grad. Danach gibts 5 freie Tage zur Erholung. Alexej, der leitende Ingenieur, bietet uns sein Zimmer zum Schlafen an und bringt uns Brot, Gemuese und Kefir zum Abendessen…
Turkmenistan ist eines der gasreichsten Laender der Welt und hartnaeckig haelt sich das Geruecht, dass dank frei verfuegenbaren Gases fuer alle turkmenischen Haushalte, dieses immer am Brennen gehalten wird, damit kein Geld fuer Streichhoelzer ausgegeben werden muss…
Am Tage immer das gleiche Spiel: Fahren bis der Hintern wund ist – und noch viel weiter. Immer wieder vorsichtig die festgeklebte Zunge vom ausgetrockneten Gaumen loesen und auf gar keinen Fall an die noch vor uns liegende Strecke denken! Und Trinken, trinken, trinken. Das Denken konzentriert sich zunehmend auf die naechste eisgekuehlte Cola…
Nachdem wir den Abzweig von der Hauptstrasse in Richtung Sueden gefunden haben, fuehrt uns unser Weg entlang des Grossen Sees. Der ist zwar nicht tief, aber eine Wohltat fuer Auge und Koerper. Ausserdem liefert er noch schmackhaften Fisch. Zum x-ten mal ueberqueren wir das turkmenische Prestige-Projekt, den Grossen Kanal, ein mehrere tausend Kilomter langes Monstrum zur Bewaesserung der Baumwoll- und Getreidefelder in der Wueste und einer der Mitverantwortlichen fuer das Austrocknen des Aralsees…
Inmitten der Felder bleiben wir am Abend an einer kleinen Huette stehen und werden gleich von einem der Bewohner herangewunken und lautstark begruesst. Zur gleichen Zeit haelt ein klappriger weisser Lada hinter uns. Hinter einer grossen Melone taucht ein Mann auf, den wir am Grossen See trafen und der ganz vergessen hatte, uns eine Melone zu schenken. Also machte er sich auf den Weg, uns diese 40km weit hinterherzufahren….
Den Abend verbringen wir mit den Farmern auf dem Dach des kleinen Hauses, mit Blick auf die Sonne, die gluehend rot hinter tausenden Hektaren Kolchoselandes versinkt, mit Heerscharen stechender Plagegeister, die bei abendlich-kuehleren Temperaturen den Bewaesserungskanaelen entsteigen, mit einer Herde meckernder Ziegen zu unseren Fuessen und saurer Milchsuppe und extra herbeigeschafftem warmen Bier fuer unsere Maegen…
Die allesamt von harter Feldarbeit, gleissender Sonne und vorangeschrittenem Alter gezeichneten Maenner betten uns liebevoll auf Filzmatten und waehrend sie noch leise schnattern versinken wir unterm Sternenhimmel ins Traumland…. Morgen gehts in den Iran….
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